Das müssen Sie wissen, wenn Sie am Bildschirm lesen

 

 

Bevor Sie weiterlesen, bitte ich Sie, alle Links während des Lesens zu ignorierenund erst zum Schluss anzuklicken.

 

Ich bin ein Fan von Gedrucktem. Bücher, Zeitungen, Fachartikel – ich bevorzuge es, Papier in der Hand zu haben. Vermutlich, weil ich es von Kindheit an gewohnt bin. Die technische Entwicklung fordert mich dementsprechend.

Technikaffine und jüngere Menschen greifen dagegen ganz selbstverständlich auf Informationen aus dem Netz zurück. Es gibt eine Menge Studien dazu. Die meisten zu den beiden folgenden Themen:

Noch immer lernen die meisten Kinder das Lesen mithilfe von Büchern. Augen und Gehirn werden auf den Umgang mit Papier konditioniert. Lesen am Bildschirm funktioniert völlig anders. Auch wie und was wir uns merken wird vom Leseverhalten beeinflusst.

Lesen am Bildschirm funktioniert anders

Die Buch- oder Papierform hilft uns auf natürliche Weise, zu verstehen und zu merken. Die Seitenbegrenzung und  – ja tatsächlich – die vier Ecken helfen uns bei der Orientierung. Wir können uns Texte leichter vor Augen rufen, wenn wir z.B. ungefähr wissen, „das Zitat stand auf der linken Seite in der Mitte“.

Interessanterweise scheinen wir auch mehr Respekt vor Papier zu haben. Wenn man etwas genauer drüber nachdenkt, eigentlich nachvollziehbar. Im Internet kann einfach jeder alles verbreiten. Bücher und Zeitungsartikel haben immer mehrere Kontrollinstanzen (Lektorat, Redaktion) durchlaufen und sind daher glaubwürdiger. Wir nehmen uns deshalb auch beim Lesen mehr Zeit, gehen auch mal wieder einen Absatz zurück und geben uns mehr Mühe, das Gelesene zu verstehen.

Beim digitalen Lesen fehlt uns zudem die Begrenzung nach unten. Wir wissen, wann ein Buch oder Artikel zuende ist. Im Internet können wir zwar an der Scroll-Leiste sehen, wie lange ein Beitrag ist. Aber uns fehlt das Augenmaß, weshalb wir die Leiste regelmäßig kontrollieren. Das verstärkt unsere Ungeduld. Zu Beginn eines Artikels lesen wir noch jede Zeile. Relativ bald reißen wir die Zeilen nur noch bis zu Mitte an, bis wir dann überhaupt nur noch die Zeilenanfänge erfassen.

Das oberflächliche Lesen am Bildschirm wird noch durch die ständige Ablenkung befeuert, die das Trägermedium mit sich bringt: schon mal beim Lesen eines Artikels zwischendurch im Internet gesurft? Wenn Sie schließlich zum Ursprungsartikel zurückfinden (wenn überhaupt), brauchen Sie einige Zeit, um sich wieder zurechtzufinden.

Neu Lesen lernen

Wir müssen das Lesen am Bildschirm also eigentlich erst lernen. Machen Sie sich die Unterschiede bewusst. Wenn Sie am Bildschirm einen langen Artikel lesen, nehmen Sie sich Zeit. Machen Sie sich die Neigung zunutze, am Bildschirm zu scannen und verwenden Sie Schnell-Lesetechniken (Skimmen, Scannen, Chunken).

Es gibt ein paar sehr hilfreiche Werkzeuge, um das Lesen am Bildschirm zu unterstützen.

  • Pacer: helfen beim Chunken. Ein Pacer leitet Sie durch den Text. Sie können die Geschwindigkeit einstellen und wie viele Wörter ein Chunk haben soll. Eine gute Version für Firefox ist der RSVP Reader.
  • Ablenkung unmöglich: tools.pdf24 wandelt einen Internet-Text in eine Seite um. Ähnlich wie beim Buch, haben Sie also eine Orientierung durch das Seitenformat. Außerdem werden alle Links entfernt und der Werbung wird auch der Hahn abgedreht.

Wenn Sie sich gerne von Ablenkungen verführen lassen, brauchen Sie einen regelmäßigen Schubs, der Sie vom Springen im Internet abhält. Für manche reicht ein grelles Post-it, andere brauchen ein körperliches Signal, wie z.B. ein Armband. Gewöhnen Sie sich auf jeden Fall an, Links erst ganz am Ende anzuklicken.

Haben Sie das beim Lesen dieses Artikels bereits geschafft?

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Prof. (a.o.) Göran Askeljung ist Autor und Inhaber von BrainRead, Geschäftsführer und Senior Trainer bei Askeljung.com und immediate effects, Certified Facilitator und Partner von Consensus in NY, und Leitet Consensus Österreich und Deutschland. Er ist Professor am Institut für Sales & Negotiation am Georgian School of Management, Vorstandsmitglied in der Schwedischen Handelskammer in Österreich und Mitglied des Beirats von WdF. Er war früher u.a. als Managing Director von Microsoft MSN in Österreich und Geschäftsbereichsleiter von Ericsson Data CEE in Wien tätig. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.

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