Deshalb sind gute Führungskräfte (immer) auch gute Leser

Lesen und Führungsqualitäten – das eine hängt eng mit dem anderen zusammen. Warum? Sich mit Texten zu beschäftigen ist immer eine sehr ergiebige Quelle für Wissenszuwachs, persönliches Wachstum und natürlich hält es das Gehirn in Schwung.

Not all readers are leaders, but all leaders are readers. Harry S. Truman, 33. Präsident der Vereinigten Staaten

Da ist was dran. Wir können uns wohl schwerlich eine Kanzlerin, einen Präsidenten, eine Vorstandsvorsitzende eines großen Konzerns vorstellen, die nicht lesen. Allein die tägliche Zeitungslektüre gehört ganz sicher zum Pflichtprogramm.

Meine Perspektive ist nur ein von vielen

Um durch Lesen die Führungsqualitäten zu verbessern, reicht es nicht, Fakten abzuspeichern. Sie sollten gewillt sein, sich mit den Ideen wirklich auseinanderzusetzen. Dazu wiederum ist die Bereitschaft nötig, den eigenen Blickwinkel zu verlassen und andere Denkweisen als ebenbürtig zu tolerieren. Jetzt wird schon klarer, warum Lesen eine hervorragende Schule für Ihre Führungsqualitäten ist. Schließlich haben Sie als Vorgesetzte oder Vorgesetzter mit einer Menge unterschiedlicher Blickwinkel zu tun. Wenn Sie „Führen“ nicht mit „Befehlen“ verwechseln, dann wollen Sie von diesen anderen Blickwinkeln profitieren, sie zumindest verstehen.

Durch Lesen können Sie Ihre Empathie trainieren. Das Gute ist: beim Lesen geht es um nichts. Sie können sich völlig gefahrlos in die Situation von anderen eindenken. Schließlich sind Sie beim Lesen frei von Interessen, die Sie vertreten möchten.

Beobachten Sie sich aufmerksam und suchen Sie sich Texte, die Sie sonst vermeiden würden. Dann sitzen Sie auch nicht dem Phänomen der kognitiven Dissonanz auf. Die eigenen Vorstellungen und Glaubensmuster herauszufordern ist eine große Leistung. Ihr Gehirn wird es Ihnen danken – genauso wie Ihre Mitmenschen.

Seien Sie Vorbild und teilen Sie neue Erkenntnisse

Neue Erkenntnis zu gewinnen ist eine wunderbare Sache. Ich bin sicher, Sie kennen das Gefühl, plötzlich etwas tief im Innersten verstanden zu haben. Oder noch besser: einen Mitmenschen im Innersten verstanden zu haben. Die Freude darüber kann mich über mehrere Tage begleiten.

Indem Sie anderen zeigen, dass Sie bereit sind, Ihren Horizont zu erweitern, eingetreten Pfade zu verlassen und eingefahrene Konzepte zu revidieren, ermutigen Sie andere zur Nachahmung. Die eigenen Standpunkte zu überdenken ist keine Schwäche. Machen Sie nicht den Fehler, das zu denken (den Fehler machen schon genug andere). Im Gegenteil: nur sehr gefestigte Menschen sind dazu in der Lage. Schauen Sie sich eine politische Gesprächsrunde an. Wer wirkt da souveräner und ehrlicher? Wem vertrauen Sie mehr? Jemandem, der seinen Standpunkt verbissen verteidigt? Wenn es Ihnen so geht wie mir, dann schalten Sie innerlich ab, weil Sie ohnehin schon wissen, was gesagt wird. Überrascht mich jemand, mit der Bereitschaft sein Denkmuster zu verlassen, bin ich viel aufmerksamer und zugewandter. Wenn Sie sich nun überlegen, welche Zuhörer Sie haben wollen – aufmerksam und zugewandt – dann könnte das ein Schlüssel sein.

Erweitern Sie Ihre Erfahrungen

Lesen beschenkt uns mit Erfahrungen, die wir sonst niemals machen würden. Erfahrungen wiederum sind ein essentieller Bestandteil des Lernens. Es ist doch großartig, dass wir an den Lernerfahrungen anderer teilhaben können. Wir müssen auch harte Erfahrungen nicht selbst machen, um aus Ihnen etwas zu lernen. Die Erlebnisse anderer können auch bei uns Verhaltensänderungen bewirken – wenn wir dafür offen sind.

Ich z.B. liebe es von großen körperlichen Leistungen unter sehr, sehr kalten Bedinungen zu lesen. Ist so etwas wie ein Spleen. Expeditionsberichte vom Nord- oder Südpol gibt es leider für meinen Geschmack viel zu wenig. Ich liebe es, mich in die Kälte versetzen zu lassen. Mich beeindrucken die übermenschlich anmutenden Kraftanstrengungen und die Fähigkeit, Lösungen unter den harschen Bedingungen zu finden. Wenn mich dann beim Joggen der Gedanke bremst „ich kann nicht mehr“, erinnere ich mich daran, was ein menschlicher Körper leisten kann. Ich denke an kilometerlange Märsche mit erfrohrenen Zehen; an das Schleppen von Zelt und Proviant; an den Hunger und die Frage, wo das nächste Essen herkommt. Mir und meinen Beinen hilft das, meine Ressourcen anzuzapfen.

Erweitern Sie Ihren Wortschatz und Ihre Ausdrucksfähigkeit

Diskutieren, Moderieren und Schreiben – das alles machen Führungskräfte mehr als andere. Wer mehr liest, hat einen größeren Wortschatz und kann sich präziser ausdrücken. Wenn Sie diesen Vorteil noch mit der Fähigkeit verbinden, die Perspektive zu wechseln, dann finden Sie auch in komplizierten Situationen die richtigen Worte. Einfach, weil Sie aus einem großen Fundus wählen können.

Ach ja, Lesen am Smartphone zwischendurch hat übrigens nicht den gewünschten Effekt. Dazu hat sich the onion ein paar Gedanken gemacht.

 

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Prof. (a.o.) Göran Askeljung ist Autor und Inhaber von BrainRead, Geschäftsführer und Senior Trainer bei Askeljung.com und immediate effects, Certified Facilitator und Partner von Consensus in NY, und Leitet Consensus Österreich und Deutschland. Er ist Professor am Institut für Sales & Negotiation am Georgian School of Management, Vorstandsmitglied in der Schwedischen Handelskammer in Österreich und Mitglied des Beirats von WdF. Er war früher u.a. als Managing Director von Microsoft MSN in Österreich und Geschäftsbereichsleiter von Ericsson Data CEE in Wien tätig. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.

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